Wenn Du beim aktuellen Wetter derzeit „g´scheit mitreden“ will, erfährst Du hier: wie lange uns dieses stabile Hoch erhalten bleibt, wie ungewöhnlich 30er im September sind, wie stark dieser September Richtung Rekordmonat geht, welche unterschiedliche Theorien es zum Begriff Altweibersommer gibt und warum es dazu sogar schon einen Gerichtsprozess gab.
Ein paar Fakten also für mehr Niveau im täglichen Wetter-Small-Talk 😉
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Der Sommer 2020 bringt also kurz vor seinem Ende doch noch so richtig stabiles Wetter. Über Mitteleuropa liegt derzeit ein Hochdruckgebiet, das sich ziemlich sicher noch einige Tage hält, zumindest bis Mitte der kommenden Woche.
Für die Zeit ab Donnerstag (17.9.) gibt es derzeit zwei Varianten: a) einen feucht-kühlen Streifschuss oder b) freundliche aber deutlich weniger warme Tage.
Dem Druck beim Steigen zuschauen
In den nächsten Tagen verstärkt sich das aktuelle Hochdruckgebiet auf jeden Fall, wie Du selber beobachten kannst, falls Du einen Barometer daheim an der Wand hast, oder am Handy, oder auf einer Sportuhr, oder wo auch immer. Der Luftdruck liegt am Wochenende (12./13.9.) und zu Beginn der neuen Woche zwischen 1020 und 1030 hPa (hPa steht für Hektopascal, die Einheit des Luftdrucks, früher Millibar). Zum Vergleich: Der durchschnittliche Luftdruck liegt bei 1013 hPa.
Kurze Hintergrund-Info: Alle Werte sind reduziert auf Meeresniveau. Nur so ist der Luftdruck von verschiedenen Orten vergleichbar, weil er stark von der Höhe Seehöhe abhängt (je höher am Berg, desto geringer der Luftdruck).
Der eine oder andere 30er erwartet uns
Dieses kräftige und stabile Hochdruckgebiet enthält sehr trockene und auch sehr warme Luft. Bis weit in die nächste Woche hinein erwarten uns viele Sommertage, also Tage mit mindestens 25 Grad. Und an einigen Orten wird sich auch ein 30er ausgehen, also nach der meteorologischen Definition ein „heißer Tag“.
Temperaturen über 30 Grad sind in Mitteleuropa übrigens im September nicht ungewöhnlich und kommen nahezu jedes Jahr vor. In Wien zum Beispiel gab es nach Auswertungen der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) in den letzten 20 Jahren alle zwei bis drei Jahre einen 30er.
In Österreich liegen die September-Rekorde in allen Bundesländern sogar zwischen 33 und 36 Grad. An der Spitze ist Pottschach in Niederösterreich mit 36,0 Grad am 1. September 2015.
Selbst tief im Herbst sind noch heiße Tage möglich: Die spätesten 30er in Österreichs Messgeschichte der wurden im Oktober gemessen: am 4. Oktober 1966 mit 30,2 Grad in Fußach und 30,1 Grad Schlins, beide in Vorarlberg.
September könnte sehr, sehr, seeeeehr warm ausfallen
Von den Rekorden der Vergangenheit zurück in die Gegenwart und zu einer noch sehr spekulativen Aussage: So sommerlich, wie der September derzeit unterwegs ist, könnte er in der Endabrechnung einer der wärmsten September der Messgeschichte sein, auch Platz 1 ist möglich. Derzeit liegen wir schon knapp zwei Grad über dem vieljährigen Durchschnitt (Klimavergleichsperiode 1981-2010) und die richtig warmen Tage kommen erst noch. Da muss es also in der zweiten Septemberhälfte schon knackig kalt werden, dass das am Ende nicht einer der wärmsten September der Messgeschichte wird.
Altweibersommer: so schön und keiner weiß woher
So ein stabiles Hochdruckgebiet am Ende des Sommer, wie wir es jetzt erleben, hat übrigens einen sehr bekannten Namen: Altweibersommer. Den Begriff kennen viele Menschen, woher er aber wirklich kommt ist nicht ganz klar. Einen schönen Überblick über die unterschiedliche Erklärungen bietet ein Wikipedia-Eintrag, der verschiedene etymologische Quellen zitiert (->hier). Ein paar Beispiele:
Balloning: der gefährliche Flug der Spinne
Eine sehr häufige Erklärung des Begriffs Altweibersommer ist: Das Wort kommt von „weiben“, dem althochdeutschen Begriff für „weben“. Diese Erklärung hängt mit den Spinnweben zusammen, die wir im Spätsommer und im Herbst oft durch die Luft segeln sehen. Dafür streckt die Spinne ihren Hintern in den Wind und produziert einen Faden. Ist der Faden lange genug, fliegt die Spinne an ihrem Faden davon.
In wissenschaftlichen Berichten ließt man, dass Spinnen auf diese Art Flughöhen von einigen Tausend Metern erreichen können und Strecken von über 100 Kilometern zurücklegen. Diese Methode erlaubt sehr effizient die Ausbreitung der Spinnen, allerdings nicht immer mit gutem Ende: Viele werden noch während des Flugs von Vögeln gefressen.
Übrigens hört man im Zusammenhang mit Altweibersommer fast nur von den fliegenden Spinnfäden. Im Herbst sieht man aber wegen der Tautropfen in der Früh auch sehr gut die frisch gewebten Netze der Baldachinspinnen in den Wiesen. Der Altweibersommer und die Spinnen passen also gut zusammen.
Alt und und gut oder göttlich und allwissend?
Andere Erklärungen des Begriffs Altweibersommer gehen mehr in die Richtung „letzte Blüte des alternden Sommers“. Dazu passen zum Beispiel der schweizerische Begriff „Witwesömmerli“ und der bayrische Begriff „Ähnlsummer“ (Großvatersommer).
Der Deutschen Wetterdienst bietet auf der Website noch eine weitere Erklärung (->hier): „…. Mit der Bezeichnung ´Altweiber´ wird … ein Bezug zu mythologischen Schicksalsgöttinnen hergestellt (z. B. Nornen), welche allwissend die Lebensfäden der Götter und Menschen spinnen…“
Altweibersommer vor Gericht
Der Deutsche Wetterdienst hatte mit dem Altweibersommer übrigens schon ein sehr weltliches Problem. Ein ältere Dame störte die Verwendung des Begriffs „Altweibersommer“ im Wetterbericht und klagte den Deutschen Wetterdienst. Ihre Begründung: Der Begriff sei in Bezug auf Geschlecht und Alter eine Herabwürdigung und solle in den für die Medien gefertigten Wetterberichte unterlassen werden.
Das Landgericht Darmstadt hat die Klage in eine Urteil vom 8. Dezember 1988 abgewiesen. Das Urteil in Kurzfassung: Die Verwendung des Begriffs „Altweibersommer“ im Wetterbericht stelle keine frauenfeindliche Diskriminierung dar und sei auch kein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte älterer Frauen. Weiters sei der Begriff seit Jahrhunderten im deutschen Sprachgebrauch fest verankert und stehe eigentlich für eine angenehme Wetterphase.
Wer sich für die juristischen Details interessiert, findet bei einer Websuche von „LG Darmstadt Az.: 3 O 535/88“ den gesamten Urteilsspruch.
Ich nehme an, dass dieser Gerichtsprozess auch der Grund für einen meiner Meinung etwas schrägen Satz im Wetterlexikon auf der Website des Deutschen Wetterdiensts ist: „Die Bezeichnung Altweibersommer erscheint aus meteorologischer Sicht weder frauenfeindlich noch despektierlich. “ (->hier)
G´scheit mitreden
Klagen zahlt sich also im Altweibersommer nicht aus. Genießen wir daher das schöne Finale des Sommers und fassen wir unser „g´scheit mitreden“-Fakten zusammen:
- In diesen Tagen lohnt sich ein Blick auf das Barometer, um zu sehen, dass dieses Hochdruckgebiet viel Kraft hat: an die 1030 hPa.
- Erleben wir in diesem September noch einen 30er, dann ist das nicht allzu ungewöhnlich. In den letzten Jahrzehnten gab es fast in jedem Jahr mit Temperaturen bei 30 Grad.
- Der spätester 30er Österreichs war überhaupt erst im Oktober, am 4. Oktober 1966 in Vorarlberg.
- Dieser September könnte einer der wärmsten der Messgeschichte werden.
- Für den Begriff Altweibersommer gibt es viele Erklärungen und niemand weiß wirklich, ob es eher um die Spinnen, die Schönheit im Alter oder um allwissende Göttinnen geht.
Ganz sicher wissen wir auf jeden Fall:
Es ist jetzt eine gute Zeit, um eine herrliche Wetterzeit zu verbringen!
Danke für Deine Zeit mit der Wetterzeit und schönes Wochenende und eine gute neue Woche!