Was Wale mit dem Wetter im März zu tun haben

Für die Lesefaulen kommt die Antwort auf die Überschrift gleich hier: nichts.

Und jetzt zu den Details, inklusive einer kurz- und einer langfristigen Prognose: Also Wale und zukünftiges Wetter haben miteinander nicht zu tun im Sinne von „das Eine beeinflusst das Andere“. Aber: Beide kommen vor, wenn man sich mit dem möglichen Wetter im März und mit der Bauernregel zum heutigen 22. Februar befasst:

„Petri Stuhlfeier kalt wird 40 Tage kalt.“

Stimmt diese Regel? Eine sehr wichtige Frage. Denn heute (am 22. Februar) ist die Temperatur in Österreich und Umgebung zwar für Ende Februar noch ganz in Ordnung. Aber von Nordosten her schleicht sich gerade Polarluft an und schon das Wochenende ist ziemlich kalt.

Drohen jetzt 40 kalte Tage?

Buch „Mythos Bauernregeln“, Thomas Wostal, Verlag Pichler-Styria

Testet man die Regel für Österreich mit den Daten der letzten 50 Jahre, dann erhält man bescheidene Trefferquoten: zwischen 50 Prozent in der Stadt Salzburg und 65 Prozent in Innsbruck. Zum Vergleich: Reines Raten entspricht einer Trefferquote von 50 Prozent. (Zum Hintergrund der Daten: Roland Potzmann von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) hat diese Bauernregel (und 99 andere) für mein Buch „Mythos Bauernregeln“ in der Klimadatenbank geprüft, mit der Annahme „Auf einen zu kalten 22. Februar folgt ein zu kalter März“.)

Diese Regel funktioniert für Österreich also nicht besonders gut. Aber es gibt noch einige ähnliche Regeln für Ende Februar. Und deren Trefferquote wird all jene beunruhigen, die sich bereits nach warmer Frühlingsluft sehnen.

Eine Bauernregel mit beachtlicher Trefferquote

Für den 24. Februar steht im Kalender:

„Wenn neues Eis Matthias bringt, so friert´s noch 40 Tage“

Die Trefferquote dafür liegt bei der Annahme „Auf einen zu kalten 24. Februar folgt ein zu kalter März“ in Wien, Klagenfurt, Salzburg und Innsbruck um 70 Prozent. Was für eine Bauernregel doch ganz gut ist.

Interessant ist das Ergebnis, wenn man die Prüfbedingung ins Gegenteil dreht: „Auf einen zu milden 24. Februar folgt ein zu milder März“. Dann liegen die Trefferquoten sogar bei 80 Prozent, was man bei Bauernregeln selten findet.

Februar und März im Temperatur-Gleichklang

Dazu passen auch die Ergebnisse, die Horst Malberg für sein Buch „Bauernregeln: aus meteorologischer Sicht“ für Deutschland erhob: Auf einen zu kalten Februar folgt mit 70 Prozent Wahrscheinlichkeit ein zu kalter März. Auf einen zu milden Februar folgt mit 62 Prozent Wahrscheinlichkeit ein zu warmer März.

Viele Regeln, viele Zahlen. Fehlt aber noch eine wichtige Frage.

Und wie wird’s jetzt wirklich?

Heute (22. Februar) ist es relativ mild, somit können wir die Kalt-Kalt-Regel zu Petri Stuhlfeier ignorieren.

Aber: Kommenden Sonntag (24. Februar) ist es kalt, somit droht uns die Kalt-Kalt-Regel zu Matthias mit einem kalten März.

Der Februar 2019 ist im Großteil Österreichs bisher überdurchschnittlich warm. Bild: ZAMG

Aber schon folgt das nächste „Aber“: Der Februar 2019 wird in Österreich ziemlich sicher überdurchschnittlich mild ausfallen (siehe Bild rechts). Damit stehen die Chancen gut, dass der März ebenfalls zu mild ausfällt (wenn wir das Deutschland-Ergebnis von Malberg auf Österreich übertragen, was fachlich durchaus vertretbar ist).

Somit steht Aussage gegen Aussage – kalter März gegen warmer März.

Wir brauchen einen neutralen Schiedsrichter. In diesem Fall ist es eine Schiedsrichterin, und zwar die moderne Wissenschaft.

Die Lösung liegt in den Spaghettis

Moderne Vorhersagemodelle rechnen nicht nur eine Variante des zukünftigen Wetters. Da man weiß, dass die Modelle nicht perfekt sind und nicht alle Wetterdetails berücksichtigen können, hat man eine Trick erfunden: Zusätzlich zur normalen Prognose werden mehrere Varianten gerechnet, bei denen man die Anfangsbedingungen leicht ändert. Die Idee: Wenn sich trotz der kleinen Änderungen die Prognose des zukünftigen Wetters ähnlich entwickelt, ist die Prognose zuverlässig. Zeigen die Modelle aber viele verschiedene mögliche Wetterentwicklungen, ist die Prognose mit Vorsicht zu genießen.

Wegen der vielen Linien wird diese Methode auch gerne Spaghetti-Prognose genannt. Der Fachbegriff ist Ensemble-Prognose.

And the winner is….

Oberhalb der dicken roten Linie: zu warm für die Jahreszeit. Unterhalb der dicken rote Linie: zu kalt.

Auf der Website www.wetterzentrale.de findet man für viele Orte Ensemble-Prognosen. Die Grafik rechts zeigt den aktuellen Stand der „Spaghettis“ für Wien.

Die dicke rote Linie zeigt die für die Jahreszeit typische Temperatur an. Die vielen dünnen Linien sind die einzelnen Modelläufe (die „Spaghettis“).

Das heißt: Das Wochenende ist noch deutlich zu kalt (unter der roten Durchschnittslinie). Die gesamte nächste Woche liegen dann aber die meisten Prognosen im überdurchschnittlich warmen Bereich (über der roten Linie).

In den ersten Märztagen wird die Streuung etwas größer, es sieht aber weiterhin eher nach mildem Wetter aus.

(Hinweis: Lasst euch durch die tiefen Zahlenwerte nicht irritieren, denn das ist die Prognose für rund 1500 Meter Höhe.)

Kurz- und langfristig heißt das…

Fasst man die Ergebnisse aus Bauernregeln und moderner Wissenschaft zusammen, sieht es so aus:

Kurzfristig erwartet uns ein kaltes Wochenende und eine frühlingshaft milde nächste Woche (übrigens mit dem Beginn des meteorologischen Frühlings am 1. März).

Langfristig stehen die Chancen gut, dass auf den relativ milden Februar ein relativ milder März folgt. (Das wäre übrigens das Gegenteil vom Vorjahr. Da waren Februar und März in Österreich die einzigen deutlich zu kalten Monate des Jahres).

Und wo bleiben die Wale?

Stimmt, die Wale fehlen noch:

Der 22. Februar war früher in Nordfriesland der Beginn der Walfangsaison. Denn nach einem Beschluss der Hansestädte aus dem Jahr 1403 sollte zwischen Martini (11. November) und Petri (22. Februar) die Schifffahrt ruhen.

Am Abend des 21. Februar wurden daher auf den Inseln und Halligen Nordfrieslands Feuer entzündet, um die Schiffe der Walfänger zu verabschieden und Ihnen sicheres Geleit zu wünschen.

Biikebrennen am Abend des 21. Februar. Bild: wikimedia/Sönke Rahn

Das „Biikebrennen“ – von Biike, dem nordfriesischen Wort für ein festes Seezeichen – ist ein Brauch der sich in Nordfriesland bis heute gehalten halt und ist hier die erste große touristische Veranstaltung des Jahres. Rund 60 Küsten- und Inselorte von St. Peter-Ording bis Sylt boten gestern am Abend jede Menge Programm mit großen Feuern plus dem typischen Biike-Essen: Grünkohl mit Fleisch, Wurst und Kartoffeln.

Noch ein kleines Schmankerl zu den historischen Biike-Feuern. Laut Wikipedia galt das Feuersignal damals „einer Sylter Legende nach auch den dänischen Männern auf dem Festland und sollte ihnen vermitteln, dass die Inselfrauen nun wieder allein auf dem Hof waren und Hilfe bei der Arbeit und ´anderen Dingen´ benötigten“.

Gefrieren und Tauen

Den 22. Februar steht übrigens wie schon eingangs erwähnt als „Petri Stuhlfeier“ im Kalender. Das ist ein Fest im Kirchenjahr der römisch-katholischen Kirche, das schon seit dem 4. Jahrhundert bekannt ist. Es erinnert an die Berufung des Apostels Petrus zum Lehramt in der Kirche, seine Übernahme des römischen Bischofsstuhls.

Rund um derartige Feiertage gibt es oft Bauernregeln, wie die weiter oben überprüfte. Es gibt aber noch einige andere, zum Beispiel:

„Gefriert es in der Petersnacht, dann auch noch lange das Eise kracht.“

„Ist es mild und nach Petri offen der Bach, kommt auch kein großes Eis mehr nach.“

„Schließt Petrus die Wärme auf und der Matthias (24. Februar) dann wieder zu, so friert das Kalb noch in der Kuh.“

Das geht also alles in die Richtung „wie es ist, so bleibt es noch einige Zeit“.

Vertraut man den modernen Vorhersagemodellen, dann betrifft das aber nicht die Kälte an diesem Wochenende, sondern die frühlingshafte Phase in der kommenden Woche.

In diesem Sinne:

Ich wünsche ein schönes, kaltes Wochenende mit frühlingshaften Aussichten!