Wir sehen uns in diesem Wetterzeit-Beitrag an, wie heftig dieser Medicane wird, wie so ein Wirbelsturm im Mittelmeer entsteht und ob diese Stürme in den nächsten Jahren häufiger oder stärker werden.
Für viele Regionen Griechenlands gilt derzeit eine rote Wetterwarnung, die höchste Warnstufe. Eine rote Warnung kommt in Griechenland ungefähr zwei bis drei Mal im Jahr vor, ist also nicht ganz ungewöhnlich. Aber einige andere Fakten zeigen, dass der Medicane „Ianos“ ein besonderes Ereignis ist, berichtet mein Meteorologen-Kollege Panos Giannopoulos, der beim griechischen Wetterdienst arbeitet: „Zum ersten Mal überhaupt hat der griechische Zivilschutz eine Pressekonferenz anlässlich eines bevorstehenden Extremwetter-Ereignisses veranstaltet. Die Vorhersagen zeigen für den Großteil von Griechenland mehr als 200 Millimeter Regen von Freitag bis Samstag. Das ist sehr selten, aber dieses Tiefdruckgebiet ist auch sehr ungewöhnlich.“
Panos Giannopoulos vom griechischen Wetterdienst:
„… Zum ersten Mal überhaupt hat der griechische Zivilschutz eine Pressekonferenz anlässlich eines bevorstehenden Extremwetter-Ereignisses veranstaltet …, dieses Tiefdruckgebiet ist sehr ungewöhnlich …“
Die aktuellen Prognosen lassen für Griechenland verbreitet über 200 Millimeter Regen erwarten und stellenweise bei 400, vielleicht sogar 500 Millimeter. Zum Vergleich: In einem durchschnittlichen gesamten Jahr regnet es in Athen rund 420 Millimeter, in Wien und Berlin rund 600 Millimeter.
Somit sind in den nächsten Tagen in Griechenland Überschwemmungen, Sturzfluten und Muren zu erwarten.
Auch die Sturmböen werden extrem heftig sein. Die Vorhersagen gehen derzeit von Windspitzen von 150 bis knapp über 200 km/h aus. Außerdem entstehen während Medicanes manchmal Tornados.
Der genaue Weg des Wirbelsturms ist noch nicht klar, denn die verschiedenen Vorhersagemodelle zeigen etwas unterschiedliche Zugbahnen. Aber besonders die Süddhälfte von Griechenland dürfte betroffen sein.
Der Name Medicane ist ein Kunstwort. Er setzt sich aus „Mediterranean Sea“ (Mittelmeer) und „Hurricane“ (Hurrikan) zusammen. Ein Medicane sieht auf dem Satellitenbild wie ein Hurrikan aus: Ein mächtiger Wolkenwirbel, der sich gegen den Uhrzeigersinn dreht. In der Mitte befindet sich das „Auge“, also ein wolkenfreies Gebiet.
Der Begriff Medicane entstand in den 1980er-Jahren. Damals etablierten sich Satellitenbilder immer mehr als wichtiges Hilfsmittel der Meteorologie. Auf Satellitenbildern des Mittelmeers sah man überraschenderweise – selten aber doch – Wolkenwirbel mit einem Auge und es entstanden die ersten wissenschaftlichen Studien zu diesem bisher unbekannten Phänomen. Nach und nach erkannte man die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede zwischen einem Medicane und einem Hurrikan. Aber auch heute gibt es noch einige Unklarheiten rund um diese relativ seltenen Wirbelstürme im Mittelmeer.
Die Entstehung eines Medicanes lässt sich vereinfacht so erklären: Sie bilden sich besonders gerne im Herbst und im Winter. Wenn von Norden her ein Schwall kalter Luft nach Europa fließt, und es im Mittelmeer-Raum relativ warm ist, können über dem Mittelmeer heftige Gewittersysteme entstehen. In den Gewittern steigt massiv Luft nach oben (Aufsteigen ist Abkühlen und Kondensieren, daher regnet es hier), und am Boden entsteht eine Art Unterdruck (ein Tiefdruckgebiet). Aus der Umgebung strömt Luft nach um diesen Unterschied aufzufüllen. Durch die Drehung der Erde kann die Luft aber nicht gerade in die Gewittersystem strömen, sie wird abgelenkt. So entsteht allmählich ein sich drehender Wolkenwirbel. Verstärkt sich dieser Wirbel kann im Zentrum ein Bereich entstehen, in dem die Luft absinkt. Beim Absinken erwärmt sich die Luft und wird trockener. Daher verschwinden hier die Wolken und das Auge entsteht.
Ein typischer Medicane hat einen Durchmesser von etwa 70 bis 200 Kilometer und existiert nur wenige Stunden oder maximal ein paar Tage. Er ist also deutlich kleiner und kurzlebiger als ein Hurrikan und erreicht auch maximal „nur“ die Stärke eines Hurrikans der Kategorie 1. Denn über dem Mittelmeer ist im Vergleich zu den riesigen Flächen des Atlantiks zu wenig Platz, damit sich ein System von der Größe eines großen Hurrikans entwickeln kann. Sobald der Medicane mit Land in Kontakt kommt, verliert er rasch an Stärke, so wie das auch mit einem Hurrikan nach dem Auftreffen an Land passiert.
Zur Häufigkeit findet man je nach Studie unterschiedliche Zahlen und die Statistiken reichen nicht weit zurück, weil Medicanes noch nicht so lange bekannt sind wie zum Beispiel Hurrikans. Grob kann man sagen: Im Mittelmeer gab es in den letzten 40 Jahren durchschnittlich alle ein bis zwei Jahre einen Medicane.
In den letzten Jahren haben sich einige Studie mit der Entwicklung von Medicanes in Vergangenheit und Zukunft beschäftigt. Da das Klima wärmer geworden ist und mit großer Wahrschenlichkeit auch weiterhin wärmer wird, könnte das einen Einfluss auf die Häufigkeit der Wirbelstürme im Mittelmeer haben. Ein Schwierigkeit bei diesen Untersuchungen ist, dass Medicanes sehr seltene und (verglichen mit normalen Tiefdruckgebieten) relativ kleine und kurzlebige Wetterphänomene sind. Unterschiedliche Studien mit unterschiedlichen Methoden brachten grob gesagt folgende Ergebnisse: Die Zahl der Medicanes könnte in den nächsten Jahrzehnten abnehmen, da ein wärmeres Klima nicht so oft die für die Bildung optimalen Wetterlagen zulässt. Aber: Die Stärke der Medicanes könnte in einem wärmeren Klima zunehmen. Denn je wärmer Luft ist, desto mehr Wasserdampf kann sie aufnehmen. Der aktuelle Stand der Wissenschaft ist also: In Zukunft dürfte es eher weniger Medicanes geben, die aber möglicherweise heftiger ausfallen.
Aktuelle Satellitenbilder, Prognosen und Infos zum aktuellen Medicane Ianos findet ihr zum Beispiel auf www.windy.com.
]]>Ein paar Fakten also für mehr Niveau im täglichen Wetter-Small-Talk
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Der Sommer 2020 bringt also kurz vor seinem Ende doch noch so richtig stabiles Wetter. Über Mitteleuropa liegt derzeit ein Hochdruckgebiet, das sich ziemlich sicher noch einige Tage hält, zumindest bis Mitte der kommenden Woche.
Für die Zeit ab Donnerstag (17.9.) gibt es derzeit zwei Varianten: a) einen feucht-kühlen Streifschuss oder b) freundliche aber deutlich weniger warme Tage.
In den nächsten Tagen verstärkt sich das aktuelle Hochdruckgebiet auf jeden Fall, wie Du selber beobachten kannst, falls Du einen Barometer daheim an der Wand hast, oder am Handy, oder auf einer Sportuhr, oder wo auch immer. Der Luftdruck liegt am Wochenende (12./13.9.) und zu Beginn der neuen Woche zwischen 1020 und 1030 hPa (hPa steht für Hektopascal, die Einheit des Luftdrucks, früher Millibar). Zum Vergleich: Der durchschnittliche Luftdruck liegt bei 1013 hPa.
Kurze Hintergrund-Info: Alle Werte sind reduziert auf Meeresniveau. Nur so ist der Luftdruck von verschiedenen Orten vergleichbar, weil er stark von der Höhe Seehöhe abhängt (je höher am Berg, desto geringer der Luftdruck).
Dieses kräftige und stabile Hochdruckgebiet enthält sehr trockene und auch sehr warme Luft. Bis weit in die nächste Woche hinein erwarten uns viele Sommertage, also Tage mit mindestens 25 Grad. Und an einigen Orten wird sich auch ein 30er ausgehen, also nach der meteorologischen Definition ein „heißer Tag“.
Temperaturen über 30 Grad sind in Mitteleuropa übrigens im September nicht ungewöhnlich und kommen nahezu jedes Jahr vor. In Wien zum Beispiel gab es nach Auswertungen der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) in den letzten 20 Jahren alle zwei bis drei Jahre einen 30er.
In Österreich liegen die September-Rekorde in allen Bundesländern sogar zwischen 33 und 36 Grad. An der Spitze ist Pottschach in Niederösterreich mit 36,0 Grad am 1. September 2015.
Selbst tief im Herbst sind noch heiße Tage möglich: Die spätesten 30er in Österreichs Messgeschichte der wurden im Oktober gemessen: am 4. Oktober 1966 mit 30,2 Grad in Fußach und 30,1 Grad Schlins, beide in Vorarlberg.
Von den Rekorden der Vergangenheit zurück in die Gegenwart und zu einer noch sehr spekulativen Aussage: So sommerlich, wie der September derzeit unterwegs ist, könnte er in der Endabrechnung einer der wärmsten September der Messgeschichte sein, auch Platz 1 ist möglich. Derzeit liegen wir schon knapp zwei Grad über dem vieljährigen Durchschnitt (Klimavergleichsperiode 1981-2010) und die richtig warmen Tage kommen erst noch. Da muss es also in der zweiten Septemberhälfte schon knackig kalt werden, dass das am Ende nicht einer der wärmsten September der Messgeschichte wird.
So ein stabiles Hochdruckgebiet am Ende des Sommer, wie wir es jetzt erleben, hat übrigens einen sehr bekannten Namen: Altweibersommer. Den Begriff kennen viele Menschen, woher er aber wirklich kommt ist nicht ganz klar. Einen schönen Überblick über die unterschiedliche Erklärungen bietet ein Wikipedia-Eintrag, der verschiedene etymologische Quellen zitiert (->hier). Ein paar Beispiele:
Eine sehr häufige Erklärung des Begriffs Altweibersommer ist: Das Wort kommt von „weiben“, dem althochdeutschen Begriff für „weben“. Diese Erklärung hängt mit den Spinnweben zusammen, die wir im Spätsommer und im Herbst oft durch die Luft segeln sehen. Dafür streckt die Spinne ihren Hintern in den Wind und produziert einen Faden. Ist der Faden lange genug, fliegt die Spinne an ihrem Faden davon.
In wissenschaftlichen Berichten ließt man, dass Spinnen auf diese Art Flughöhen von einigen Tausend Metern erreichen können und Strecken von über 100 Kilometern zurücklegen. Diese Methode erlaubt sehr effizient die Ausbreitung der Spinnen, allerdings nicht immer mit gutem Ende: Viele werden noch während des Flugs von Vögeln gefressen.
Übrigens hört man im Zusammenhang mit Altweibersommer fast nur von den fliegenden Spinnfäden. Im Herbst sieht man aber wegen der Tautropfen in der Früh auch sehr gut die frisch gewebten Netze der Baldachinspinnen in den Wiesen. Der Altweibersommer und die Spinnen passen also gut zusammen.
Andere Erklärungen des Begriffs Altweibersommer gehen mehr in die Richtung „letzte Blüte des alternden Sommers“. Dazu passen zum Beispiel der schweizerische Begriff „Witwesömmerli“ und der bayrische Begriff „Ähnlsummer“ (Großvatersommer).
Der Deutschen Wetterdienst bietet auf der Website noch eine weitere Erklärung (->hier): „…. Mit der Bezeichnung ´Altweiber´ wird … ein Bezug zu mythologischen Schicksalsgöttinnen hergestellt (z. B. Nornen), welche allwissend die Lebensfäden der Götter und Menschen spinnen…“
Der Deutsche Wetterdienst hatte mit dem Altweibersommer übrigens schon ein sehr weltliches Problem. Ein ältere Dame störte die Verwendung des Begriffs „Altweibersommer“ im Wetterbericht und klagte den Deutschen Wetterdienst. Ihre Begründung: Der Begriff sei in Bezug auf Geschlecht und Alter eine Herabwürdigung und solle in den für die Medien gefertigten Wetterberichte unterlassen werden.
Das Landgericht Darmstadt hat die Klage in eine Urteil vom 8. Dezember 1988 abgewiesen. Das Urteil in Kurzfassung: Die Verwendung des Begriffs „Altweibersommer“ im Wetterbericht stelle keine frauenfeindliche Diskriminierung dar und sei auch kein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte älterer Frauen. Weiters sei der Begriff seit Jahrhunderten im deutschen Sprachgebrauch fest verankert und stehe eigentlich für eine angenehme Wetterphase.
Wer sich für die juristischen Details interessiert, findet bei einer Websuche von „LG Darmstadt Az.: 3 O 535/88“ den gesamten Urteilsspruch.
Ich nehme an, dass dieser Gerichtsprozess auch der Grund für einen meiner Meinung etwas schrägen Satz im Wetterlexikon auf der Website des Deutschen Wetterdiensts ist: „Die Bezeichnung Altweibersommer erscheint aus meteorologischer Sicht weder frauenfeindlich noch despektierlich. “ (->hier)
Klagen zahlt sich also im Altweibersommer nicht aus. Genießen wir daher das schöne Finale des Sommers und fassen wir unser „g´scheit mitreden“-Fakten zusammen:
Ganz sicher wissen wir auf jeden Fall:
Es ist jetzt eine gute Zeit, um eine herrliche Wetterzeit zu verbringen!
Danke für Deine Zeit mit der Wetterzeit und schönes Wochenende und eine gute neue Woche!
In Erkenne die Wolke (1) haben wir gesehen, dass der erste Schritt zum Wolken-Profi eine ganz einfache Unterscheidung ist: Haufen, Schicht oder Faser?
Testen wir das gleich mit einer Cumulus-Wolke. So sieht sie aus und wo würdest Du sie einteilen: Haufen, Schicht oder Faser?
Das war leicht, oder? Cumulus-Wolken sind Haufen-Wolken.
Der Name kommt übrigens aus dem Lateinischen. Cumulus heißt übersetzt – große Überraschung – Haufen!
Wird übrigens mit „k“ ausgesprochen, also Kumulus. Manchmal sieht man es auch so geschrieben.
Eine typische Cumulus-Wolke hat folgende Eigenschaften:
Im Wesentlichen gibt es zwei Möglichkeiten:
Jetzt kennst Du die wichtigsten Eigenschaften dieser Wolkenart und wir machen den nächsten Schritt. Sehen wir uns an, wie so eine Cumulus-Wolke entsteht und warum sie aussieht, wie sie aussieht.
Im Normalfall entsteht eine Cumulus-Wolke so:
Jetzt wo wir wissen, wie eine Cumulus-Wolke entsteht, wird auch klar, warum sie so aussieht. Sehen wir uns ein paar Eigenschaften und ihre Erklärung an:
Weil wir jetzt wissen, wie eine Cumulus-Wolke entsteht, wird auch eine andere Beobachtung klar:
Manchmal ist es in der Früh wolkenlos, im Laufe des Tages entstehen dann Cumulus. Und egal, ob sie harmlos bleiben oder zu Gewittern werden, gegen Abend löst sich alles wieder auf und die Nacht beginnt sternenklar.
Wie wir gesehen haben, bilden sich Cumulus-Wolken vor allem deshalb, weil die Sonne der Boden erwärmt, der wiederum die Luft darüber erwärmt, die dann aufsteigt wie ein Heißluftballon.
Das Erwärmen des Bodens und der Luft geschieht aber nicht sofort nach Sonnenaufgang. Ein Topf Wasser erhitzt sich auch nicht sofort nach dem Aufdrehen der Herdplatte.
Daher entstehen die Cumulus-Wolken erst im Laufe des Tages. Je nach Jahreszeit (also Sonnenstand), Temperatur und Luftfeuchte geschieht das noch am frühen Vormittag oder etwas später. Und sobald die Sonne gegen Abend wieder sinkt, fehlt die Erwärmung des Bodens uns die Wolken fallen zusammen.
Das erklärt, warum Tage oft wolkenlos beginnen und enden, und es dazwischen für einige Stunden viele Wolken gibt. Die Cumulus-Wolke ist also oft eine Eintagsfliege.
Weil wir wissen, wie die Cumulus entsteht, wird auch klar, warum sie an bestimmten Orten besonders gerne auftaucht. Ein paar Beispiele:
Nicht immer zeigt die Cumulus-Wolke alle ihrer Eigenschaften. Ein paar Sonderformen sehen wir uns ein anderes Mal an. Außerdem hat Cumulus auch einige Verwandte. Wird eine Cumulus zu einem Gewitter, dann ändert sich ihr Name. Die Gewitterwolke heißt Cumulonimbus. Ein deutlich harmloserer Verwandter der Cumulus ist die Mischform aus Haufenwolke (Cumulus) und Schichtwolke (Stratus): der Stratocumulus. Auch dafür nehmen wir uns ein anderes Mal ausführlich Zeit.
Zum Schluss noch zwei Tipps:
Für heute vielen Dank für Deine Zeit mit der Wetterzeit. Viel Spaß beim Beobachten und Erforschen der Cumulus-Wolken!
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Das passiert selten: Wer zum Beispiel für dieses Wochenende die Wetterprognose der letzten Tage verfolgt hat, bekam jeden Tag eine andere Version, einmal „Dauerrregen“, einmal „Sonne“, einmal „freundlich mit einzelnen Schauern am Nachmittag“, etc.
Der Grund waren kleine Tiefdruckgebiete in der Umgebung von Österreich. Eine grobe Faustregel sagt: Je größer und langlebiger ein Wetterphänomen ist, desto länger im Voraus ist es vorhersagebar. Zwei Beispiele dazu: Ein kleinräumiges Gewitter lässt sich für einen bestimmten Ort bestenfalls ein zwei Stunden vorher prognostizieren. Eine riesiges Hochdruckgebiet über Europa kündigt sich oft schon Tage, manchmal sogar schon eine Woche vorher an.
Die vorhin erwähnten relativ kleinen Tiefdruckgebiete liegen irgendwo innerhalb dieser Bandbreite. Sie sind in den Prognosen der nächsten Tage meistens gut sichtbar, allerdings jeden Tag mit einer etwas anderen Lage. Liegt das Zentrum dieses Tiefs zum Beispiel nur 100 Kilometer weiter im Westen kommen völlig andere Regionen in den Genuss von Regen als noch am Vortag geplant.
Jetzt zur Wochenvorschau: Seit Tagen zeigen die Vorhersagen für die kommende Woche (ab 22.6.), dass die Phase dieser kleinen Tiefs zu Ende geht und sich über Europa ein mächtiges Hochdruckgebiet aufbaut. Für Österreich sah es dabei immer nach viel Sonne, einzelnen Gewittern und speziell in der Wochenhälfte nach 30 Grad und mehr aus. Also kurz: erstmals Sommerwetter in diesem Sommer.
Jetzt mischt sich in diese scheinbar stabile und verlässliche Wetterlage schon wieder ein kleines Tief ein und stellt dieses Sommerwetter in Frage. Man merkt es an den Vorhersagetexten. Statt „30 Grad und Sonnenschein“ stehen in den Prognosen plötzlich „unsicher, knapp über 20 Grad und anfällig für Schauer und Gewitter“.
Dieses Tief hat markante Auswirkungen, obwohl es relativ klein und in den Wetterkarten gar nicht leicht zu finden ist. Man wir uns auf die Suche:
Wie die Grafik zeigt, ist die Wetterkarte zum Beispiel für kommenden Donnerstag in den unteren Schichten der Atmosphäre relativ unverdächtig. Nirgendwo in der Nähe von Österreich ist das L (Low) eines Tiefdruckgebietes zu sehen. Gehen wir aber etwas höher in der Atmosphäre, erscheint plötzlich ein sehr selbstbewusstes Tiefdruckgebiet.
Die Meteorologie nennt so ein Tief in höheren Luftschichten „Höhentief“. Es ist in der Vorhersage sehr unbeliebt, weil es einerseits sehr markantes Wetter bringen kann (dichte Wolken, starken Regen, Gewitter) aber in den Vorhersagen immer etwas anders liegt. Daher ändert sich die Vorhersage je nach Region von Tag zu Tag deutlich, ähnlich wie letzte Woche.
Für die kommende Woche gibt es daher derzeit nur die unbefriedigende Prognose: Prinzipiell geht es Richtung sommerliches Wetter. Aber ein Höhentief kann an einigen Tagen in einigen Regionen für nasses Wetter bei gedämpften Temperaturen sorgen.
Genauer geht momentan leider nicht. Lassen wir uns überraschen. Verfolgen wir einfach die Entwicklung dieses Höhentiefs von Tag zu Tag. Das ist immerhin meteorologisch sehr spannend.
Außerdem gibt ein Wort, dass wir in den täglichen Wetter-Small-Talk einwerfen können: Höhentief.
Zum Beispiel in der Art von „Ja, das Höhentief macht die Prognose diese Woche sehr unsicher.“
Wenn dann jemand fragt (wie übrigens wirklich soeben meine Tochter, die mir gerade beim Schreiben über die Schulter geschaut hat): „Höhentief? Was soll das sein, das ist doch ein Widerspruch in sich!“.
Dann kannst Du souverän antworten: „Das ist ein Tief in den höheren Schichten der Atmosphäre. So in fünf Kilometer Höhe zum Beispiel sieht man es gut.“
So bringt ein Höhentief mehr Niveau in den Wetter-Small-Talk
Danke für Deine Zeit mit der Wetterzeit und schöne Woche!
]]>Der Tag des astronomischen Sommerbeginns wurde in den letzten Jahrzehnten wärmer, wie die Auswertung der ZAMG-Daten für Wien zeigt (siehe Grafik).
Aber es gibt weiterhin auch Ausreißer nach unten, wie wir das heute erleben. Heute ist astronomischer Sommerbeginn und die Temperatur bleibt in Wien unter 20 °C. Wie ungewöhnlich ist das?
Die Daten der ZAMG zeigen für Wien Hohe Warte am jeweiligen Tag des Sommerbeginns (20., 21. oder 22. Juni):
Über die gesamte Zeit gesehen ist der „Normalfall“ eine Höchsttemperatur um 23,5 °C (Mittelwert 1872-2019).
Allerdings waren früher Werte knapp über 20 °C typisch, in den letzten Jahren knapp über 25 °C (siehe blaue Trendlinie).
Der kühlste Sommerbeginn war 1886 mit einer Höchsttemperatur von 14 °C.
Am heißesten startete der Sommer 2007: 34,6 °C
Sommertage (mindestens 25 °C) gab es 57 Mal (39% aller Jahre). Davon waren 9 Hitzetage (mindestens 30 °C).
Eine Höchsttemperatur unter 20 °C gab es 30 Mal zum Sommerbeginn (20% aller Jahre).
Und damit sind wir wieder beim heutigen Tag. Ein Sommerbeginn unter 20 °C kommt in Wien Hohe Warte durchschnittlich jedes fünfte Jahr vor.
Das passt zufällig ziemlich genau zum letzten Unter-20er. Der war im Jahr 2015.
Schönes Wochenende und schönen Sommer!
Der Sommer wird übrigens 100%-ig (zeitweise) wärmer sein als sein Beginn
]]>Weil das Wetter von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich ist, macht es Sinn, Zeiträume von mindestens 30 Jahren zu betrachten. So sieht erkennt man etwaige Änderungen des Klimas.
Die folgende Animation zeigt für jeweils 30-jährige Zeiträume die Höchst- und Tiefsttemperatur in den Junis (orange und blaue Punkte) und die durchschnittliche Höchst- und Tiefsttemperatur (rote und blaue Linie).
Was fällt auf?
In der Animation sieht man deutliche Änderungen, vor allem in den letzten Jahrzehnten, zum Beispiel:
Schönen Start in den Juni!
Es geht los mit „wolkenlos“. Klingt banal, ist es aber nicht. Selbst ein wolkenloser Himmel erzählt uns einiges über die aktuelle Wettersituation. Details dazu folgen in einem späteren Beitrag. Hier nur ein kleines Schmankerl zu diesem Thema:
Vor viele Jahren, in der Anfangszeit meines Studiums, ließ ich an einem Vormittag die Vorlesungen sausen und spazierte durch die Innenstadt von Wien. Dabei fand ich zufällig eine kleine Ausstellung von einem japanischen Fotografen. Es gab hier nur Bilder von Horizonten am Meer oder an Seen, alle in Schwarz-Weiß und die meisten bei wolkenlosem Himmel.
Heute, 30 Jahre später, habe ich versucht, diesen Künstler zu googeln. Das Ergebnis: Es handelt sich um Hiroshi Sugimoto und die Ausstellung hieß „Seascapes“. Die Kunstplattform Artsy bietet einige seiner Bilder zum Kauf an. Darunter zum Beispiel folgende Fotografie, zu haben um nette $ 400.000,-, wie dieser Screenshot von artsy.net zeigt:
Und jetzt geht es wirklich los!
Viele Bücher erklären die unterschiedlichen Wolken mit detaillierten Beschreibungen jeder einzelnen Art. Das wird ziemlich schnell unübersichtlich und kompliziert.
Ich denke, das geht deutlich einfacher. Und zwar mit einem Entscheidungsbaum. Den gibt es hier auf der Wetterzeit in den nächsten Tagen gratis als Poster zum Download.
Heute geht es um die erste Frage auf diesem Entscheidungsbaum: Haufen, Schicht oder Faser?
Schaue in den Himmel und überlege, welche Form den Wolken am ehesten entspricht:
Die erste Frage, beim Blick in den Himmel ist also: Haufen, Schicht oder Faser? Hier nochmals die Beschreibung und einige Beispiele:
Haufen-Wolken …
Schicht-Wolken …
Faser-Wolken …
Mit der Haufen-Schicht-Faser-Entscheidung kannst Du ganz sicher schon oft einen ersten Schritt zum Bestimmen der Wolken machen. Manchmal gibt es unklare Formen oder Mischformen, die sehen wir uns in einem der nächsten Beiträge an. Bis dahin überlege bei unklaren Wolken einfach: Welcher der drei Formen ist sie am ehsten ähnlich? Sehr oft kommt man so schon auf den richtigen Weg.
Teste Dein Wolken-Wissen gleich in einem kleinen Quiz:
Danke für Deine Zeit mit der Wetterzeit. In den nächsten Tagen geht es weiter mit:
]]>Normale Wetterprognose: Die sehr trockene Wetterlage geht zu Ende, und es kommt Regen. Ungewohnter bis sehr schräger Zusatz: Dieser Regen wird gut riechen.
Wir wissen aus Erfahrung, dass wir Regen manchmal riechen können: Es ist eine Art erdiger, frischer, feuchter Duft. Aber Regen ist Wasser und Wasser hat keinen Geruch. Warum riecht Regen? Und warum riecht nicht jeder Regen?
Info: Diesen Beitrag gibt es auch als Podcast (Download für Android, iOS und Spotify siehe Spalte rechts) und hier als Audio-Datei:
Die kurze Antwort ist:
Fallen Regentropfen auf sehr trockenen Boden, dann wirbeln sie bestimmte Substanzen aus dem Boden in die Luft. Und diese Substanzen riechen wir. Es riecht also nicht der Regen selbst, sondern die Teilchen, die aus dem Boden in die Luft gelangen.
Der Geruch, den Regen nach einer längeren trockenen Phase auslöst, hat sogar einen Namen: Petrichor.
Petrichor ist ein Kunstwort, kombiniert aus dem griechischen Wort für „Stein“ und dem Wort für „die Flüssigkeit, die in den Adern der Götter fließt“. Petrichor ist also eine Art „göttliche Substanz, die aus dem Erdboden kommt“.
Den Namen Petrichor haben zwei australische Wissenschafter erfunden. Sie entdeckten 1964, dass einige Pflanzen in langen Trockenphasen an den Boden Öle absondern. Diese Öle verhindern, dass neue Pflanzen nachwachsen können. So müssen bei Trockenheit nicht noch mehr Pflanzen um das wenige Wasser kämpfen.
Beginnt es zu regnen, gelangen diese Öle in die Luft und wir riechen sie.
Neuere Untersuchungen zeigen, dass bei Regen noch eine sehr markant riechende Substanz in die Luft aufgewirbelt werden kann: Geosmin. Geosmin hat einen erdig-muffigen Geruch. Es ist ein Alkohol, der im Erdboden entsteht, wenn Mikrorganismen Pflanzen zerlegen.
Unsere Nasen reagieren sehr sensibel auf Geosmin. Daher riechen wir es, selbst wenn nur ganz wenige Teilchen davon in der Luft sind.
Zusammengefasst heißt das:
Wir können Regen zwar nicht direkt riechen. Aber: Wenn Regen auf einen trockenen Erdboden fällt, kommen Substanzen aus dem Boden in die Luft, die einen ganz besonderen frischen und erdigen Geruch verursachen. Wir riechen das manchmal auch schon vor dem Regen, wenn der Wind die Luft von einem Regengebiet zu uns weht.
Hier könnte die Geschichte zu Ende sein. Aber das Thema ist mehr als nur eine nette Geschichte. In den letzten gab zu diesem Thema sogar aufwändige Studien am weltbekannten MIT, dem Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, in der Nähe von Bosten, in den USA. Der Hintergrund: Kommen Teile des Bodens in die Luft, können Erreger von Infektionskrankheiten dabei sein und sich mit dem Wind weit ausbreiten.
Das MIT erforschte in zwei großen Untersuchungen in den Jahren 2015 und 2017 die Fragen: Wie kommen Teile des Bodens bei Regen in die Luft und wie verbreiten sich dadurch biologische Substanzen?
Es ging dabei um viel mehr, als nur um Petrichor und den Geruch des Regens. Es ging um die bisher ungeklärte Frage, wie und unter welchen Bedingungen kommen winzige Teile des Bodens, sogeannte Aerosole, bei Regen in die Luft. Denn diese winzigen Aerosol-Teilchen haben einen sehr großen Einfluss auf das Wetter, auf das Klima und auf die Biologie.
Zum Beispiel hängt die Entstehung von Wolken und von Regen direkt mit der Zahl der Aerosole in der Luft ab. Aerosole können auch die Sicht und die Sonneneinstrahlung beeinflussen. Und sie können biologische Substanzen transportieren. Zum Beispiel Bakterien. Darunter auch Kolibakterien, die für einige menschliche Infektionskrankheiten verantwortlich sind. (Nur zur Sicherheit noch eine Zusatz-Info: Nach allem was man derzeit weiß, gilt hat das mit Covid-19 nichts zu tun.)
Der Wind kann dieses Aersole dann über tausende von Kilometer verfrachten, und auch viele Kilometer hoch in die Atmosphäre wirbeln.
Bis zu den Studien am MIT hatte hat man gewusst, dass Aersoloe zum Beispiel als aufgewirbelter Staub in die Luft kommen, bei Verbrennungen, aus Vulkanen und als Salzkristalle durch die Gischt in den Meeren. Es war aber nicht klar war, wie Regentropfen es schaffen, Aerosole aus dem Boden in die Luft zu transportieren.
Am MIT hat man dazu 600 Experimente mit 28 verschiedenen Bodenarten durchgeführt. Und bei unterschiedlichen Temperaturen. Und mit unterschiedlichsten Tropfengrößen, vom leichten Nieselregen bis zum starken Gewitterregen.
Dabei zeigte sich – unter anderem auf beeindruckenden Bildern von Hochgeschwindigkeitskameras:
Das sieht auf den Bildern der Hochgeschwindigekltiskameras aus, wie ein kleines Feuerwerk. Man hat gemessen, dass schon bei einem einzelnen Regentropfen innerhalb von Millisekunden hunderte Aersole in die Luft gelangen können.
Ein Teil davon wird von den nachfolgenden Regentropfen wieder ausgewaschen und auf den Boden zurückbefördert, aber ein großer Teil dieser Aersole bleibt auch nach dem Regen in der Luft.
Mit den Experimenten konnte das MIT auch zeigen, dass von allen weltweit in der Luft befindlichen Bakterien zumindest einige Prozent durch Regen in die Luft gelangen.
Interessant sind bei den Experimenten auch folgende Ergebnisse – und damit kommen wir wieder zum Geruch des Regens zurück:
Die meisten Substanzen aus dem Boden gelangen beim Einsetzen von leichtem Regen in die Luft. Also wenn die Regentropfen auf möglichst trockene Erde treffen und noch viel Staub aufwirbeln können. Je stärker der Regen wird, desto schneller ist der Boden durchnässt und desto weniger Bodenteilchen kommen in die Luft.
Auch die Bodenart hat einen großen Einfluss. Die meisten Teilchen gelangen von lockerem Lehmboden in die Luft. Der ist fest aber trotzdem porös. Daher kommen viele Luftbläschen in die Wassertropfen.
Auf reinem Sand funktionert das dagegen fast gar nicht. Der Sand wird zu schnell nass und die Sandkörner bewegen sich beim Auftreffen der Tropfen zu stark. Daher bilden sich nur ganz wenige Lufteinschlüsse in den Regentropfen.
Fazit: Die meisten Bodenteilchen kommen am Beginn von leichtem Regen von lockerem Lehmboden in die Luft. Dann riechen wir besonders stark Petrichor – den Duft des Regens.
Das lässt sich in diesen Tagen sehr gut selbst erforschen. Alle Arten von Böden sind sehr trocken, und es kommen unterschiedliche Arten von Regen, von leicht bis stark. Also raus in Freie und tief durchatmen!
Vielen Dank für Deine Zeit mit der Wetterzeit und viel Spaß beim Spazieren im Duft des Regens!
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