Prognose: Dieser Regen wird gut riechen!

Warum riecht der Regen in diesen Tagen besonders gut? Warum riecht Regen überhaupt? Und warum erforscht sogar eine der weltweit bedeutendsten Universitäten den göttlichen Atem der Erde“?

Normale Wetterprognose: Die sehr trockene Wetterlage geht zu Ende, und es kommt Regen. Ungewohnter bis sehr schräger Zusatz: Dieser Regen wird gut riechen.

Wir wissen aus Erfahrung, dass wir Regen manchmal riechen können: Es ist eine Art erdiger, frischer, feuchter Duft. Aber Regen ist Wasser und Wasser hat keinen Geruch. Warum riecht Regen? Und warum riecht nicht jeder Regen?

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Zauberwort Petrichor

Die kurze Antwort ist:

Fallen Regentropfen auf sehr trockenen Boden, dann wirbeln sie bestimmte Substanzen aus dem Boden in die Luft. Und diese Substanzen riechen wir. Es riecht also nicht der Regen selbst, sondern die Teilchen, die aus dem Boden in die Luft gelangen.

Der Geruch, den Regen nach einer längeren trockenen Phase auslöst, hat sogar einen Namen: Petrichor.

Petrichor ist ein Kunstwort, kombiniert aus dem griechischen Wort für „Stein“ und dem Wort für „die Flüssigkeit, die in den Adern der Götter fließt“. Petrichor ist also eine Art „göttliche Substanz, die aus dem Erdboden kommt“.

Die „Erfindung“ von Petrichor: Erste Veröffentlichung in Nature im Jahr 1964. Credit: nature.com

Den Namen Petrichor haben zwei australische Wissenschafter erfunden. Sie entdeckten 1964, dass einige Pflanzen in langen Trockenphasen an den Boden Öle absondern. Diese Öle verhindern, dass neue Pflanzen nachwachsen können. So müssen bei Trockenheit nicht noch mehr Pflanzen um das wenige Wasser kämpfen.

Beginnt es zu regnen, gelangen diese Öle in die Luft und wir riechen sie.

Trockene Böden sind die Basis für gut duftenden Regen. Im Großteil Österreichs ist dieser Frühling extrem trocken, wie hier im Weinviertel, mit Blick Richtung Wien. Credit: wetterzeit.at/Wostal

Noch was riecht

Neuere Untersuchungen zeigen, dass bei Regen noch eine sehr markant riechende Substanz in die Luft aufgewirbelt werden kann: Geosmin. Geosmin hat einen erdig-muffigen Geruch. Es ist ein Alkohol, der im Erdboden entsteht, wenn Mikrorganismen Pflanzen zerlegen.

Unsere Nasen reagieren sehr sensibel auf Geosmin. Daher riechen wir es, selbst wenn nur ganz wenige Teilchen davon in der Luft sind.

Zusammengefasst heißt das:

Wir können Regen zwar nicht direkt riechen. Aber: Wenn Regen auf einen trockenen Erdboden fällt, kommen Substanzen aus dem Boden in die Luft, die einen ganz besonderen frischen und erdigen Geruch verursachen. Wir riechen das manchmal auch schon vor dem Regen, wenn der Wind die Luft von einem Regengebiet zu uns weht.

In den Wäldern riecht der Regen in diesen Tagen besonders gut, dank Geosmin. Credit: wetterzeit.at/Wostal

Ein möglicher Verteiler von Infektionskrankheiten

Hier könnte die Geschichte zu Ende sein. Aber das Thema ist mehr als nur eine nette Geschichte. In den letzten gab zu diesem Thema sogar aufwändige Studien am weltbekannten MIT, dem Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, in der Nähe von Bosten, in den USA. Der Hintergrund: Kommen Teile des Bodens in die Luft, können Erreger von Infektionskrankheiten dabei sein und sich mit dem Wind weit ausbreiten.

Ganz klein und ganz wichtig

Das MIT erforschte in zwei großen Untersuchungen in den Jahren 2015 und 2017 die Fragen: Wie kommen Teile des Bodens bei Regen in die Luft und wie verbreiten sich dadurch biologische Substanzen?

Es ging dabei um viel mehr, als nur um Petrichor und den Geruch des Regens. Es ging um die bisher ungeklärte Frage, wie und unter welchen Bedingungen kommen winzige Teile des Bodens, sogeannte Aerosole, bei Regen in die Luft. Denn diese winzigen Aerosol-Teilchen haben einen sehr großen Einfluss auf das Wetter, auf das Klima und auf die Biologie.

Zum Beispiel hängt die Entstehung von Wolken und von Regen direkt mit der Zahl der Aerosole in der Luft ab. Aerosole können auch die Sicht und die Sonneneinstrahlung beeinflussen. Und sie können biologische Substanzen transportieren. Zum Beispiel Bakterien. Darunter auch Kolibakterien, die für einige menschliche Infektionskrankheiten verantwortlich sind. (Nur zur Sicherheit noch eine Zusatz-Info: Nach allem was man derzeit weiß, gilt hat das mit Covid-19 nichts zu tun.)

Der Wind kann dieses Aersole dann über tausende von Kilometer verfrachten, und auch viele Kilometer hoch in die Atmosphäre wirbeln.

Bis zu den Studien am MIT hatte hat man gewusst, dass Aersoloe zum Beispiel als aufgewirbelter Staub in die Luft kommen, bei Verbrennungen, aus Vulkanen und als Salzkristalle durch die Gischt in den Meeren. Es war aber nicht klar war, wie Regentropfen es schaffen, Aerosole aus dem Boden in die Luft zu transportieren.

600 Experimente mit 28 Bodenarten

Am MIT hat man dazu 600 Experimente mit 28 verschiedenen Bodenarten durchgeführt. Und bei unterschiedlichen Temperaturen. Und mit unterschiedlichsten Tropfengrößen, vom leichten Nieselregen bis zum starken Gewitterregen.

Dabei zeigte sich – unter anderem auf beeindruckenden Bildern von Hochgeschwindigkeitskameras:

  • Fällt ein Regentropfen auf den Erdboden, wird er beim Aufschlag zusammengequetscht. So wie ein Omelette.
  • Beim Aufschlag werden zwischen diesem flachen (Omlette-)Regentropfen und dem Erdboden kleine Luftbläschen gefangen, die Teile des Bodens enthalten können.
  • Diese Luftbläschen steigen in dem Regentropfen nach oben, ähnlich wie Kohlensäure in einem Mineralwasser. An der Oberseite des Tropfen platzen die Luftbläschen und die winzigen Bodenteile werden in die Luft gesprüht.

Das sieht auf den Bildern der Hochgeschwindigekltiskameras aus, wie ein kleines Feuerwerk. Man hat gemessen, dass schon bei einem einzelnen Regentropfen innerhalb von Millisekunden hunderte Aersole in die Luft gelangen können.

Ein Teil davon wird von den nachfolgenden Regentropfen wieder ausgewaschen und auf den Boden zurückbefördert, aber ein großer Teil dieser Aersole bleibt auch nach dem Regen in der Luft.

Mit den Experimenten konnte das MIT auch zeigen, dass von allen weltweit in der Luft befindlichen Bakterien zumindest einige Prozent durch Regen in die Luft gelangen.

Hochgeschwindigkeitskameras zeigen, wie Regentropfen Teilchen aus dem Boden in die Luft sprühen. Credit: Melanie Gonick/MIT

Wann riecht es am stärksten?

Interessant sind bei den Experimenten auch folgende Ergebnisse – und damit kommen wir wieder zum Geruch des Regens zurück:

Die meisten Substanzen aus dem Boden gelangen beim Einsetzen von leichtem Regen in die Luft. Also wenn die Regentropfen auf möglichst trockene Erde treffen und noch viel Staub aufwirbeln können. Je stärker der Regen wird, desto schneller ist der Boden durchnässt und desto weniger Bodenteilchen kommen in die Luft.

Auch die Bodenart hat einen großen Einfluss. Die meisten Teilchen gelangen von lockerem Lehmboden in die Luft. Der ist fest aber trotzdem porös. Daher kommen viele Luftbläschen in die Wassertropfen.

Auf reinem Sand funktionert das dagegen fast gar nicht. Der Sand wird zu schnell nass und die Sandkörner bewegen sich beim Auftreffen der Tropfen zu stark. Daher bilden sich nur ganz wenige Lufteinschlüsse in den Regentropfen.

Fazit: Die meisten Bodenteilchen kommen am Beginn von leichtem Regen von lockerem Lehmboden in die Luft. Dann riechen wir besonders stark Petrichor – den Duft des Regens.

Das lässt sich in diesen Tagen sehr gut selbst erforschen. Alle Arten von Böden sind sehr trocken, und es kommen unterschiedliche Arten von Regen, von leicht bis stark. Also raus in Freie und tief durchatmen!

Vielen Dank für Deine Zeit mit der Wetterzeit und viel Spaß beim Spazieren im Duft des Regens!